5.1. Rechtsstaat stärken

Wirkliche und aktive Teilhabe der Einwohnerinnen und Einwohner an der Gesellschaft und sie betreffende Entscheidungsprozesse setzt einen demokratisch verfassten Rechtsstaat voraus. Die in den letzten Jahren weiter vorangeschrittene Ausweitung der Eingriffsmöglichkeiten des Staates, aber auch privater und halbstaatlicher Unternehmen in die Kernbereiche der persönlichen Grund- und Freiheitsrechte und die damit einhergehende Aushöhlung des Schutzes der Privatsphäre, der Unverletzlichkeit der Wohnung, des Post- und Fernmelde- bzw. Kommunikationsgeheimnisses sowie des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung legen jedoch Hand an das Fundament des Rechtsstaates - mit unabsehbaren Folgen für die Demokratie. Gerade die von der CDU/FDP-Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen der LINKEN in der laufenden Wahlperiode verabschiedeten Gesetze zur Änderung des Polizeigesetzes und des Versammlungsgesetzes sind deutliche Anzeichen dafür, dass auch in Sachsen ein solcher Kurs der fortgesetzten Schwächung des demokratischen Rechtstaates gefahren werden soll.

DIE LINKE. tritt dem gegenüber für die Verwirklichung des Staats-/Verfassungsgrundsatzes nach Art. 1 SächsVerf ein, wonach der Freistaat Sachsen ein demokratischer Rechtsstaat ist, der die uneingeschränkte Geltung der in der Verfassung verankerten Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu garantieren und zu verteidigen hat.

Mehr noch: Ausgehend von dem fundamentalen Grundrecht, dem auf Menschenwürde in Art. 14 der Verfassung, steht der Freistaat Sachsen zusätzlich in der Pflicht, eine rechtlich gesicherte soziale Gleichheit und gleiche Teilhabemöglichkeit zu garantieren, was den demokratischen Rechtsstaat um seine sozialstaatliche Komponente ergänzt.

Die Wahrnehmung von Bürgerinnen- und Bürgerrechten und deren Förderung in jedweder, insbesondere auch sozialer Hinsicht, muss daher endlich als Wesensgehalt von Demokratie verstanden werden und darf nicht länger als Gefahr für die Sicherheit von Gesellschaft und Staat diffamiert und gemaßregelt werden.

Nicht zuletzt deshalb hat DIE LINKE. die Sächsische Verfassung immer wieder mit Erfolg gegen derartige Übergriffe vor dem Verfassungsgerichtshof verteidigt.

Auch gerade unter dem Eindruck der permanenten Angriffe von CDU und FDP auf die Fundamente des sächsischen Rechtsstaates haben wir als LINKE seit Jahren einen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und damit des Gemeinwesens liegenden, weiter gehenden Modernisierungs- und Demokratisierungsbedarf der Sächsischen Verfassung erkannt. Hierzu gehören insbesondere folgende, die demokratische Verfasstheit des Rechtsstaats in Sachsen stärkende Verfassungsänderungen:

  • Konkretisierung des Sozialstaatsgebotes der Verfassung als Ausprägung des Rechtsstaatsgebotes bis hin zu Sozialleistungsgarantien für die Bürgerinnen und Bürger.
  • Absenkung der Begrenzung des Wahlalters auf das maximal vollendete 16. Lebensjahr und Einfügung der Bestimmung, dass das Wahlalter innerhalb dieses Rahmens auch durch einfaches Gesetz festgelegt werden kann. Damit fördern wir eine deutliche Erweiterung der demokratischen Teilhabe von jungen Menschen bei Wahlen und Abstimmungen.
  • Einführung eines Grundrechts auf Informationsfreiheit als Grundvoraussetzung für demokratische Teilhabe.
  • Einführung eines Staatszieles, welches Land und Gesellschaft verpflichtet, den die Demokratie im Kern bedrohenden rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Aktivitäten engagiert und offen entgegenzutreten (sog. antifaschistische Klausel).
  • Einführung des Benachteiligungsverbotes für Menschen mit Behinderung in die Verfassung in Anpassung an den dazu bereits seit Jahren geltenden Art. 3 GG.
  • Aufnahme von originären und unmittelbar beanspruchbaren Kinder- und Jugendrechten in die Verfassung im Maßstab der UN-Kinderrechtskonvention.  
  • Einführung einer „Privatisierungsbremse“ in die Verfassung, nach der Eigentum des Freistaates Sachsen sowie kommunales Eigentum nur mit Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger privatisiert werden darf.
  • Ermöglichung der Verstaatlichung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln sowie von klassischen Daseinsvorsorgeeinrichtungen zur Sicherung der Erfüllung der Daseinsvorsorgeaufgaben des Staates.
  • Einführung eines Anspruchs auf sozial gerechten Zugang zu anwaltlicher Beratung zur Gewährleistung eines bezahlbaren effektiven Rechtsschutzes für jede Bürgerin und jeden Bürger.
  • Stärkung der rechtlichen und institutionellen Garantie der unabhängigen Ausübung der Datenschutzkontrolle durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragten.
  • Einrichtung einer unabhängigen Polizeiombudsstelle beim Landtag zur Gewährleistung einer effektiven Untersuchung von Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger, aber auch von Angehörigen der Polizei, gegen polizeiliche Maßnahmen.
  • Stärkung der Instrumente und Möglichkeiten der Volksgesetzgebung und Volksabstimmungen sowie deutliche Absenkung der derzeit durch überhöhte Abstimmungsquoten gesetzten Hürden.
  • Einrichtung eines unabhängigen Landesbüros für BürgerInnenanliegen mit der/dem Sächsischen Bürgerbeauftragten an der Spitze zur Wahrung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung und die Unterstützung in sozialen Angelegenheiten.
  • Verfassungsgarantie für eine unentgeltliche Hochschulbildung (Studium) für alle.

Die LINKE wird in der 6. Legislaturperiode die damit aufgezeigten Verfassungsänderungen unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit in die Verfassungsdiskussion des Landtages in geeigneter Weise einbringen und für eine verfassungsändernde Mehrheit im Landtag bzw. für ein Verfassungsreferendum, in dem Bürgerinnen und Bürger selbst über die notwendige Verfassungsmodernisierung/-demokratisierung entscheiden sollen, mit aller Kraft streiten.