Wirtschaft und Arbeit in Sachsen

Die aktuelle Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sowie deren Auswirkungen sind Produkt der in den letzten beiden Jahrzehnten global deregulierten sowie kapitaldominierten Wirtschaftsweise. Die überzogenen Renditeerwartungen halten langfristige Überlegungen zugunsten von ökologischer Nachhaltigkeit und Humanität schon lange in Geiselhaft, und zwar sowohl global als auch regional in Sachsen. Damit haben sich die sozialen, ökologischen und ökonomischen Verwerfungen zugespitzt. Sie sind erst in Umrissen erkennbar und werden nachwachsende Generationen mit schweren Hypotheken belasten.

Daher sind grundsätzliche Veränderungen notwendig und möglich: Die Demokratisierung der Wirtschaft sowie die ordnungsrechtliche Durchsetzung sozialer und ökologischer Standards auf nationalstaatlicher, europäischer, globaler und zugleich auf regionaler sächsischer Ebene sind erste Schritte auf diesem Weg.

Das betrifft ebenso strukturpolitische Veränderungen in Wirtschaft, Arbeitsmarkt und vielen anderen Bereichen der Gesellschaft. Ein „Weiter so“ wird nicht den ökonomischen und schon gar nicht den sozialen als auch ökologischen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft sowie den Bedürfnissen der Menschen gerecht.

Diese grundsätzliche Einschätzung gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass schon einmal – nämlich vor mehr als 20 Jahren – eine Chance verpasst wurde: Der „Aufbau Ost“ wurde gesellschafts-, sozial-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch als „Nachbau West“ konzipiert, obwohl spätestens im Zuge des Epochenumbruchs 1989/90 die weitreichenden negativen Folgen von Deregulierung und unbeschränktem Welthandel absehbar waren.

Die Möglichkeit eines Transformationsprozesses hin zu einer sozial-ökologischen Wirtschaftsweise mit demokratischer Legitimation und Regulierung wurde vergeben. Gerade in der gegenwärtigen Krise steht ein gesellschaftspolitisches Zeitfenster offen, da der als „Nachbau West“ praktizierte „Aufbau Ost“ erkennbar zu nicht einmal annähernd gleichen Lebensverhältnissen geführt hat und führen wird. Diese neuerliche Chance wollen wir nutzen, um einen anderen Entwicklungspfad zu nachhaltigem Wirtschaften und Arbeiten einzuschlagen.

Sachsen ist für einen solchen Neustart teilweise besser aufgestellt als die anderen Bundesländer: Die wirtschaftshistorischen Traditionen wie auch Stärken Sachsens liegen in seinen (alt-)industriellen Traditionen – vor allem dem Bergbau mit Tagebauen und Bergwerken, beispielsweise in der Oberlausitz, im mitteldeutschen Revier und im Erzgebirge, der Umwelt- und Energietechnik um Freiberg, der Optik und der Elektrotechnik/Elektronik, Medizin- und Bahntechnik in und um Dresden, dem Maschinenbau in Chemnitz, der Automobilindustrie in Zwickau und Leipzig, in der Handelstradition Leipzigs mit seiner Messe sowie in der vielseitigen Struktur lokal bzw. regional verankerter Betriebe ganz unterschiedlicher Größe.

Charakteristisch für Sachsen war und ist dabei die enge Verbindung innovativer Wirtschaftsbereiche mit dem Erfinder- und Forschergeist an den Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften im Land, wofür beispielhaft die altehrwürdige Technische Universität Bergakademie Freiberg sowie die Technischen Universitäten in Dresden und Chemnitz stehen. Heute haben sich dazu leistungsfähige außeruniversitäre Forschungsinstitute gesellt, etwa die Fraunhofer-, Max-Planck- und Helmholtz-Gesellschaften. Auf diesem Zusammenwirken von Forschung, Entwicklung und Anwendung sowie auf der kulturellen Tatkraft der Bürgerinnen und Bürger Sachsens fußen viele der seit 1989/1990 im Freistaat erreichten Erfolge.