"Auf dem Prüfstand": Aufarbeitung der Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds
Im August 2013 wurde der Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vorgelegt. In 47 gemeinsamen Empfehlungen werden in diesem Bericht Konsequenzen aus der rassistischen Mordserie gezogen. Diese reichen von der Aufforderung, dass die Polizei bei Gewalttaten gegen Migranten immer auch einen möglichen rechtsextremen Hintergrund „eingehend“ prüfen soll, bis zum Vorschlag, dass der NSU-Ausschussbericht zum Unterrichtsstoff in der Polizistenausbildung werden soll.Trotz großer Einmütigkeit konnten sich die Fraktionen nicht zu gemeinsamen Empfehlungen in Bezug auf den Verfassungsschutz durchringen.
Der Geheimdienst hat eine entscheidende Rolle am NSU-Desaster, verharmloste er doch systematisch die Neonazi-Gefahr und schoss mit dem V-Leute-Konzept sogar noch Ressourcen in die Szene.
NebenklagevertreterInnen von Hinterbliebenen der NSU-Opfer kritisieren zudem, dass im Bericht das zentrale Problem nicht benannt wird, nämlich der institutionelle Rassismus, der die Behördenstrukturen durchzieht und durch fatale Fehleinschätzungen in den Ermittlungen zu den NSU-Morden führte.
Über zwei Jahre nach Aufdecken des NSU ist die öffentliche Debatte über die Dimension neonazistischer Gewalt de facto verebbt. Der laufende Prozess gegen Beate Zschäpe und weitere UnterstützerInnen sorgt nur noch aus Sensationsgründen für Aufsehen.
Weder ist der TäterInnenfokus durchbrochen, noch ist die tiefe Verankerung von Rassismus in Behörden und Gesamtgesellschaft ausreichend als Grundproblem thematisiert, geschweige denn angegangen worden.
In der Podiumsdiskussion soll über die Konsequenzen aus dem NSU-Abschlussbericht, den Verlauf des NSU-Prozesses und gesellschaftliche Implikationen diskutiert werden.
Podiumsdiskussion mit:
Petra Pau (Mitglied des Deutschen Bundestages, Ob-Frau im NSU-Untersuchungsausschuss)
Sebastian Scharmer
(Nebenklagevertreter im NSU-Prozess)
Kutlu Yurtseven (engagierter Künstler, u.a. Microphone Mafia)
Moderation: Jennifer Stange (freie Journalistin)