21. Juli: Bundesweiter Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen
Statt sinnloser Verfolgung und unkontrolliertem Schwarzmarkt: Prävention, Aufklärung und Schutz
Am kommenden Sonntag, den 21. Juli, wird erneut der Nationale Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen begangen. Bundesweit finden dazu verschiedenste Veranstaltungen statt - so auch in Sachsen. Der Gedenktag mahnt zu einer besonnenen Drogenpolitik und erinnert an diejenigen, die durch die Umstände des Konsums illegalisierter Substanzen starben. Dazu erklärt René Jalaß, Mitglied des Landesvorstands der sächsischen LINKEN und Sprecher für Drogenpolitik:
"Viele dieser Todesfälle wären vermeidbar gewesen, durch Aufklärung, Angebote zur Risikosenkung und durch Überlebenshilfen. Die konservative Drogenpolitik ist gescheitert, doch ein Umdenken nicht in Sicht. Obgleich Maßnahmen vorhanden sind, die die Todeszahlen wirksam verringern könnten, setzt Schwarz-Gelb in Bund und Land weiter auf Ausgrenzung und Verfolgung von DrogenkonsumentInnen. Diese werden dadurch dem unbeherrschbaren Schwarzmarkt ausgeliefert, der mit seinen gefährlichen Beimischungen Gewinne auf Kosten der KonsumentInnen macht und über Leichen geht.
Noch 2012 hat die Bundesdrogenbeauftragte etliche Maßnahmen der Überlebenshilfe gelobt. Dazu zählen die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung, Drogenkonsumräume und Spritzentauschangebote. Die sächsische Staatsregierung ignoriert aber noch immer den nachweislichen Erfolg solcher Maßnahmen. Entweder sie verschleppt mutwillig notwendige Landesverordnungen um geltendes Bundesrecht umzusetzen, wie zum Beispiel die Maßgabe des § 10a BtMG zum Betrieb von Drogenkonsumräumen. Oder sie kriminalisiert bestehende Hilfeangebote, wie Spritzentauschangebote und aufsuchende Sozialarbeit. Wenn das nicht reicht, stellt die CDU auch mal einen wild gewordenen Polizeipräsidenten als OBM-Kandidaten in Leipzig auf. Dieser hat mit14 teuren und recht erfolglosen "Komplexkontrollen" Wahlkampf auf Staatskosten gemacht, nachdem er die wertvolle Arbeit der Leipziger StraßensozialarbeiterInnen dreist als "Kuschelpolitik" verunglimpfte.
Über all dies wird zu gern vergessen, dass Alkohol- und Tabakkonsum nach wie vor die meisten Menschenleben fordern. Beides ist aber gesellschaftlich akzeptiert und wird sogar auf großen Events zelebriert. Dabei ist jede Substanz potenziell gefährlich, wenn der Umgang mit ihr und dessen Folgen nicht aufgeklärt vermittelt wird - oder schlimmer noch: Wenn der Verfolgungsdruck so hoch ist, dass die Betroffenen nicht mehr angstfrei über ihren Konsum reden und Hilfe suchen können.
DIE LINKE hat eine klare drogenpolitische Position: Wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, die nicht auf Strafe und Repression gegen DrogenkonsumentInnen setzt, sondern mit Prävention und Aufklärung dem Drogenmissbrauch vorbeugt und Abhängigen hilft. Problematischer Drogenkonsum hängt oft mit den konkreten Lebensumständen der Menschen zusammen. Wirksame Drogenprävention ist daher Teil einer Politik, die für gesunde und gerechte Lebensbedingungen sorgt, die Ressourcen der Menschen stärkt und ihnen ermöglicht, selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten.
Der vorherrschenden Polemik, Hetze und Hilfeverweigerung stellen wir Entkriminalisierung, Prävention und Begleitung entgegen. Das ist praktischer Jugend- und VerbraucherInnenschutz, erfolgreiche Gesundheits- und Sozialpolitik. Vor allem aber ist unser Ansatz menschenwürdig und rettet Menschenleben.
In unserem Landesverband diskutieren wir derzeit ein Leitlinienpapier für Drogenpolitik und Suchtprävention. Unsere Kernforderungen darin sind:
- Wir wollen einen Ausbau und eine langfristige Sicherung der Präventions- und Überlebenshilfeangebote im Freistaat Sachsen
- Bundesrechtlich genehmigte Maßnahmen der Drogenhilfe müssen endlich auch in Sachsen zur Anwendung kommen
- Wir wollen in Sachsen endlich eine eindeutige Regelung zum Umgang mit “geringen Mengen” in der Strafverfolgung gem. § 31a BtMG
- Sachsen muss Methoden und Praktiken der Minimierung von Gesundheitsschädigungen entkriminalisieren und ausbauen
- Die Sächsische Sucht- und Drogenpolitik gehört finanziell und planerisch endlich auf solide Füße gestellt
Der Gedenktag ist erneut trauriger Anlass, über den bisherigen Weg nachzudenken und endlich zu vernünftigen drogenpolitischen Lösungen zu finden."
(Den Entwurf der Leitlinien für Drogenpolitk und Suchtprävention gibt es HIER.)
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Hintergrund:
Seit 1998 findet jährlich zum 21. Juli der Bundesweite Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen statt. So auch in diesem Jahr am kommenden Sonntag. Der Gedenktag geht auf die Initiative des NRW-Landesverbandes der "Eltern und Angehörigen für humane und akzeptierende Drogenarbeit e. V." zurück. Hintergrund: Am 21.7. 1994 starb der Drogengebraucher Ingo Marten unter bis heute nicht geklärten Umständen. Auf Initiative seiner Mutter wurde in einem Park bei Gladbeck Deutschlands erste Gedenkstätte für verstorbene Drogenabhängige eingerichtet.
Der Gedenktag in 2013 steht unter dem Motto "Gesundheitsversorgung in Haft" und thematisiert konkret die Bedingungen der Drogenberatung und Suchtkrankenhilfe im Polizeigewahrsam bzw. im Strafvollzug. Ausführlichere Informationen zum diesjährigen Motto können Sie in folgendem Infoblatt (PDF-Datei) der InitiatorInnen des Gedenktags lesen
Weiterführende Informationen:
Kategorien: Bundespolitik, Sachsen, Grund- und Freiheitsrechte, Mitbestimmung, Soziales
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