23. June 2014

Weitere Proteste gegen die geplante "Rechtsvereinfachung beim SGB II"

Die Regionalgruppe Vogtland der LAG Hartz IV berichtet:


In der Juniveranstaltung beschlossen unsere Regionalgruppe der LAG Hartz IV und das Sozialforum Göltzschtal Protestbriefe gegen zwei weitere geplante besonders krasse Verschlechterungen für Hartz IV-Betroffene:

 

Der Mehrbedarf für Alleinerziehende soll nur noch gewährt werden, wenn die/der Alleinerziehende eine Erwerbsarbeit ausübt oder an einer Maßnahme zur beruflichen Qualifizierung teilnimmt. Dieser Vorschlag wird mit dem Hinweis begründet, dass gegenwärtig durch die Verbesserung der Einkaufsmöglichkeiten und der Kinderbetreuungsangebote kein erhöhter Zeitaufwand zur Versorgung und Erziehung der Kinder erforderlich sei. Dieses Argument ist zynisch: Alleinerziehende sind allein für ihre Kinder verantwortlich, sie haben es deshalb ungleich schwerer, einen Arbeitsplatz zu bekommen: Wenn die Kinder krank sind, hilft kein Partner, dem Betrieb stehen sie nur zur Verfügung, wenn Kita oder Schulhort geöffnet haben, ihre Kraft müssen sie zwischen Kinderbetreuung und Arbeitsstelle teilen. Dazu kommt, dass Alleinerziehende besonders viel Einkommen erwirtschaften müssen, um die Hilfebedürftigkeit überwinden zu können, da sie nicht nur ihren Bedarf, sondern auch den ihrer Kinder erwirtschaften müssen, falls sie nicht ausreichend Unterhalt für die Kinder bekommen, was häufig der Fall ist.


Außerdem soll die "temporären Bedarfsgemeinschaft" wieder abgeschafft werden: Väter oder Mütter, deren Kind in anderen Partnerschaft lebt, haben ein gesetzlich verbürgtes Umgangsrecht. Für die Zeiten, in denen sie ihre Kinder betreuen, stehen ihnen die entsprechenden Anteile der Regelleistung ihres Kindes zu. Früher mussten die Eltern sich über die Höhe dieser Anteile einigen, was natürlich sehr schwierig war, da in den meisten Fällen die Elternbeziehungen durch tiefe Konflikte belastet sind. Durch Gesetzesänderung wurde dann geregelt, dass das Jobcenter die Kinderregelleistungen differenziert an beide Elternteile überweist. Das ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden, weil die genaue Aufenthaltszeit beim Umgangsberechtigten nachzuweisen ist. Die Rücknahme dieser Maßnahme wäre zweifellos eine Verwaltungsvereinfachung, für die betroffenen Eltern, insbesondere den Elternteil mit Umgangsrecht, wäre das aber in den meisten Fälle eine außerordentliche vor allem psychische Belastung, da die Regelung wieder Anlass für Streit und Konflikt bietet. Oft wird das zur Folge haben, dass der/die Umgangsberechtigte die zusätzlichen Kosten selbst tragen muss oder dass die Gerichte wieder übermäßig beansprucht werden. Leidtragende werden auch die betroffenen Kinder sein.

 

In beiden Fällen haben wir von der Bundessozialministerin, der Hauptverantwortlichen für die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, und von der sächsischen Sozialministerin, Mitglied der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die Rücknahme dieser Vorschläge gefordert. Bisher ist noch keine Antwort eingegangen.

 

Dr. Dorothea Wolff

 

 

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