Grundlage für die Bestimmung "angemessener" Hartz IV-Mieten sind Mietwerterhebungen und deren Auswertung. Dafür gibt es verbindliche Vorschriften aus Urteilen des Bundessozialgerichts, festgehalten im sogenannte schlüssigen Konzept. Die Untersuchung, ob diese Vorgaben erfüllt wurden, muss Aufgabe unserer Linkspolitiker in Kreistagen und Räten kreisfreier Städte sein, denn meist sind Verwaltungen an möglichst niedrigen KdU-Richtwerten interessiert, Mängel bei der Ermittlung bemerkt ja keiner.
Da es sehr kompliziert ist, die etwa 50 Seiten langen Mietwertauswertungen zu durchschauen, organisiert die AG KdU-Verwaltungsvorschriften Weiterbildungen für verantwortliche Linkspolitiker.
Am 25.1. wertete Rechtsanwalt Jan Becker von der Rechtsanwaltskanzlei Schindler und Rechtsanwälte aus Berlin und Wittenberg die sehr gründliche Argumentation des Gerichtsurteils von Dessau-Roßlau (S 11 AS 2430/11) gegen die KdU-Angemessenheitsermittlung der Kreisverwaltung Wittenberg aus. Der Mietwertermittlung, angefertigt von der Hamburger Firma Analyse und Konzepte, weist das Urteil mehrere Verstöße gegen die Forderungen des schlüssigen Konzepts nach:
Dabei verdeutlichte RA Becker den Bezug zum menschenwürdigen Existenzminimum, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09.02.2010 (Az. 1 BvL 1/09-, - 1 BvL 3/09 -, -! BvL 4/09 -) einfordert: "Der verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ... gewährleistet das gesamte Existeenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz ... als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch ... existiert notwendig in sozialen Bezügen." (Randnr. 135). "Mit klaren Worten", so RA Becker, "erläutert das Bundesverfassungsgericht so, dass soziale Gegebenheiten, Beziehungen und kulturelle Belange über den Gesetzen stehen, also bei deren Anwendung zwingend zu beachten sind."
Hans-Jürgen Muskulus, wissenschaftlich-parlamentarischer Berater unserer Landtagslinksfraktion, informierte anschließend über den Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur KdU-Satzungsermächtigung. Fazit unserer Diskussion zu Vor- und Nachteilen von Satzungen: Wir sollten unbedingt für einen Satzungserlass eintreten, weil nur so durchzusetzen ist, dass Abgeordnete an der KdU-Angemessenheitsermittlung beteiligt werden, und nur dann eine mit Mängeln behaftete Ermittlung durch ein Normenkontrollverfahren angefochten werden kann.
- das Urteil von Dessau-Roßlau, Anmerkungen von Analyse und Konzepte dazu und Standpunkte zu den Anmerkungen findet ihr hier:
- hier könnt ihr eine Stellungnahme von Kreisräten aus Meißen lesen:
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