13. June 2015

Was der Mensch (wirklich) braucht

Mit der empirischen Analyse zur Höhe einer sozialen Mindestsicherung von Lutz Hausstein liegt eine Regelsatzermittlung nach Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes und den zumindest so formulierten Intentionen des Gesetzgebers vor. Danach benötigt eine gesunde erwachsene Person monatlich 734,- Euro um ein menschenwürdiges Leben führen zu können zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung. Dieser Regelsatz wurde mit der Warenkorbmethode ermittelt, die ein konkretes und nachprüfbares Bild der möglichen Ausgaben der Leistungsempfänger für eine menschenwürdige Lebensführung aufzeigt.


Vom Bundesverfassungsgericht wurde diese Methode als genauso zulässig für die Ermittlung des Regelsatzes wie die angewandte Statistik-Methode beurteilt. Die Berechnung des Existenzminimums anhand eines Warenkorbs notwendiger Güter und Dienstleistungen mit anschließender Ermittlung und Bewertung der dafür zu entrichtenden Preise ist in gleicher Weise gerechtfertigt wie der Einsatz einer Statistik- und Verbrauchsmethode unter der Prämisse, dass auch das Ausgabeverhalten unterer Einkommensgruppen der Bevölkerung zu erkennen gibt, welche Aufwendungen für das menschenwürdige Existenzminimum erforderlich sind.


Lutz Hausstein weist in seiner Arbeit eindeutig nach, dass die Statistik-Methode gar nicht in der Lage ist, ein reales Ergebnis zu erbringen. Sie bildet die durch Armut eingeschränkte Lebensführung ab, die durch Mangel und Ausgrenzung auffällt und eine Teilhabe ausschließt.


Weshalb eine solche Methode, deren Nichteignung für den vorgesehenen Zweck bereits 1983 von den Professoren Hanesch, Weth und Stahlmann nachgewiesen wurde, weiterhin Anwendung findet, geht auch aus der Argumentation von Lutz Hausstein https://lutzhausstein.wordpress.com/ hervor. Die Methode ist intransparent bezüglich konkreter Ausgabepositionen und bietet vielfältige Manipulierungsmögichkeiten. Mit einer gezielten Auswahl von Referenzhaushalten und der Einjustierung als relevant oder nicht relevant ist jedes gewünschte Ergebnis erzielbar und es wird dabei noch der Anschein der Wissenschaftlichkeit gewahrt.


Somit stehen nicht 399,- Euro sondern 734,- Euro den Bedürftigen zu! Sollten sie ein menschenwürdiges Leben führen wollen, welches außerhalb des Erwerbssektors ein menschenwürdiges Dasein ermögichen soll.


Dies ist aber kontraproduktiv für den Niedriglohnsektor und prekäre Arbeitsverhältnisse. Um auch unter schlechtesten Arbeits- und Lohnbedingungen genügend Arbeitskräfte zu finden, muss der Druck zur Arbeit, gleich zu welchen Bedingungen, entsprechend hoch sein. Und dort, wo der Druck durch Mangel nicht ausreicht, werden Sanktionen eingesetzt, die auch die nicht menschenwürdige Existenz als physische Existenz in Frage stellt.


Darum wird die Bundesregierung weiter an der für den vorgeblichen Zweck ungeeigneten Methode festhalten, weil mit dem Soziokulturellen Existenzminimum des SGB II andere Ziele als die Gewährleistung des Sozialstaates erreicht werden sollen.

 

 

Wolfgang Waitz

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