„Mut zur Korrektur“ bei Hartz IV
Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften – Unser Wunsch Nr. 16
Mit 15 Forderungen hat der Paritätische Wohlfahrtsverband im August 2017 dem Hartz IV-Gesetz den Kampf angesagt. Wie mutig diese Forderungen sind, fand das Sozialforum Göltzschtal der Regionalgruppe Vogtland bei seinem Treffen am 11. Dezember heraus.
Zur Erinnerung: Im Jahre 2003 wurde unter dem Decknamen Agenda 2010 der Abbau sozialstaatlicher Leistungen und Arbeitnehmerschutzrechte beschlossen. Versprochen wurde der Bevölkerung umfassende Modernisierung der Wirtschaft, um im internationalen Wettbewerb an die Spitze zu gelangen. Alle in Deutschland lebenden Menschen sollten angeblich davon profitieren können.
Mit der Arbeitslosenhilfe wurde ein ganzer Zweig des sozialen Sicherungssystems abgeschafft. Leiharbeit, Möglichkeiten für befristete Arbeitsverhältnisse und Minijobs wurden ausgebaut. Anspruchsvoraussetzungen für das Arbeitslosengeld wurden eingeschränkt. So gut wie jede Arbeit wurde - gesetzlich begründet - nun zumutbar. Das geschah und geschieht nach wie vor alles unter Druck durch ein perverses Sanktionssystem.
Das soziokulturelle Existenzminimum für betreffende Menschen und deren Familien ist unter diesen Bedingungen nicht mehr gesichert. Dafür haben wir nun garantiert einen Niedriglohnsektor in einem der reichsten Länder der Erde.
Der Paritätische erfasst in seinen 15 Punkten sehr deutlich, wo dringend im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik Änderungen notwendig sind:
Missbrauch von Leiharbeit einen Riegel vorschieben
Sachgrundlose Befristungen abschaffen
Minijobs sozial absichern
Solo-Selbständige besser in Sozialversicherungen einbeziehen
Mindestlohn anheben
Aktive Arbeitsförderung ausbauen
Hilfsangebote verlässlich finanzieren
Qualifizierungsangebote erweitern
Sozialen Arbeitsmarkt schaffen
Mindestarbeitslosengeld einführen
Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlängern
Rahmenfrist verlängern und Anwartschaftszeiten verkürzen
beim ArbeitslosengeldZumutbarkeitsregelungen anpassen
Sanktionen abschaffen
Regelleistungen erhöhen
Einen grundsätzlichen Aspekt vermissen wir in der Auflistung, die Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften. Jene förderten nicht den sozialen Zusammenhalt, sondern spalteten in der Vergangenheit Paare, sowie Eltern und Kinder. DIE LINKE fordert eine Mindestsicherung in Höhe von 1050 Euro für jeden, der einen lebenswerten Unterhalt nicht mit eigenen Möglichkeiten erwirtschaften kann, Kindergeld in Höhe von 328 Euro und eine Kindergrundsicherung in Höhe von 564 Euro. Sozialleistungen sind Individualleistungen und dürfen niemals in zwischenmenschliche und familiäre Beziehungen zerstörend eingreifen.
Der Paritätische möchte sein Programm der nächsten Bundesregierung verordnen. Um diese Punkte durchzusetzen, bedarf es einer kompletten Reform von Hartz IV. Der Zurückgewinn an Lebensqualität für Betroffene und deren Familien wäre infolge dessen enorm. Voraussetzung für ein Gelingen ist, dass auch weitere Sozialverbände, -vereine und Mitstreiter, betroffen oder nicht, den Paritätischen bei seinem Vorhaben der Durchsetzung des durchaus weitreichenden und somit „mutigen Korrekturprogrammes“ massiv unterstützen.
Kathrin Kosche
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