Aus der Regionalgruppe Vogtland:
Unterstützend mit dem klarstellenden und die Menschheit auf Gedeih und Verderb in zwei Lager teilenden Spruch
"schließlich leben Sie ja auf Kosten der Gesellschaft"
wurde ich mit weiteren Teilnehmern in die Maßnahme des Jobcenters AViBA (Aktivierung und Vermittlung mit intensiver Betreuung und Anwesenheitspflicht), die speziell für langzeitarbeitslose Hartz IV-Bezieher vorgesehen ist, eingewiesen.
Jeder von uns 19 Teilnehmern verfügt über einen Berufsabschluss. Mehrere haben bereits ein halbes Arbeitsleben gemeistert. Die Computerfertigkeiten differieren entsprechend der Berufsbranche von "mal einen PC gesehen" bis zur alltäglichen und selbstverständlichen Nutzung.
Die ersten Tage waren wir damit beschäftigt, Zeugnisse und andere für die Arbeitssuche relevante Originaldokumente einzuscannen, in höchster Auflösung und in Farbe. Wer kein Bewerbungsfoto vorweisen konnte, der wurde "abgelichtet". Nach einem Muster aus dem Internet und unter Anleitung des Dozenten erstellte jeder von uns seinen Lebenslauf.
Nachdem alle Vorbereitungen erledigt waren, wurde mit dem eigentlichen Anliegen der Maßnahme begonnen.
Wir sitzen am PC mit Zugang ins Internet und suchen nahezu 8 Stunden täglich nach freien Stellen, hauptsächlich über die vorgegebene Internetadresse der Jobbörse des Arbeitsamtes. Gefunden werden fast ausschließlich Arbeitsplätze als Helfer bei Zeitarbeitsfirmen. Der Slogan des Dozenten dazu lautet:
"Freuen Sie sich, Sie bekommen dort jetzt schon den Mindestlohn!"
Auf jedem der über Netzwerk verbundenen Computer des Unterrichtsraumes läuft standardmäßig ein Überwachungsprogramm. Der Dozent hat an seinem PC die Möglichkeit, Bildschirmausgaben unserer Computer zu beobachten, kann somit Aktivitäten und Inaktivitäten registrieren. In einer Liste werden erfolgte Bewerbungen für den Abschlussbericht an das Jobcenter erfasst.
Unter diesem Druck stapeln sich täglich etliche Bewerbungsschreiben auf dem Tisch des Aufsichtspersonals. Die Kosten für Bewerbungsmappen, Papier, Versandtaschen und Porto übernimmt in großzügiger Art und Weise der profitierende Träger der Maßnahme.
Die Bewerbungen bei Zeitarbeitsfirmen und der aufgebaute Druck auf die Teilnehmer zeigen selbstverständlich Wirkung. Völlig unkompliziert werden durch den Träger zahlreiche Vorstellungstermine in den 30 Kilometer entfernten Geschäftsstellen bekannter Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung finanziert.
Die drei ALG II-Empfänger, die in prekärer Beschäftigung gelandet sind und bei einem Stundenlohn von 7,86 € im ungünstigen Fall mit Hartz IV-Leistungen ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familie aufstocken müssen, werden den hohen Kostenaufwand dieser achtwöchigen "Aktivierung" nicht annähernd ausgleichen können. Hinzu kommt der Umstand, dass der Arbeitgeber sich seine neuen Arbeitskräfte finanziell bezuschussen lässt.
Finanzieller Zuschuss - von wem eigentlich?
Kathrin Kosche
Leider werden in diesem Artikel weder Roß noch Reiter genannt. Wie heißt die Firma, welche die Maßnahme durchführt. Wer ist der Dozent, der solche Ungeheuerlichkeiten verkündet. Immerhin ignoriert er, dass zumindest er ein Parasit sein könnte, indem er vom Elend der Arbeitslosen lebt, ihnen aber nicht wirklich helfen kann, und das auch noch weiß.
Hartz IV und die Menschenrechte in Deutschland?
Die Politiker leben doch auch auf Kosten der Gesellschaft und zahlen keine Rentenbeitrage ein und haben schon nach ein paar Jahren als sogenannte Volksvertreter - Rentenanspruch! Die sollen doch selber mal auf Probe für 1 Jahr Hartz IV und für ein Jahr als Zeitarbeiter leben!!!
Ich sehe hier einen Bericht voller Vorurteile, wo vieles sehr negativ beschrieben wird, was letztlich doch gute Dinge sind! Übrigens ist AViBA nicht allein für Langzeitarbeitslose vorgesehen, sondern es wird auch für andere Arbeitslose der Agentur für Arbeit (weniger als 1 Jahr arbeitslos) angewandt.
Ich habe selbst schon eine Aviba-Maßnahme erlebt, viele Fakten genau ähnlich wie beschrieben, und doch würde ich es im Großen und Ganzen (und auch das meiste Kleine) als Positiv beschreiben! Z.B. hatte auch bei mir der Dozent die Möglichkeit sich auf die Computer aufzuschalten - um den Teilnehmern zu helfen! Allerdings kam er lieber um die Tische rum. Auf jeden Fall war es eine super effektive Zeit! Jeder Teilnehmer hat im Durchschnitt mehr als eine Bewerbung am Tag rausgeschickt. In meiner Arbeitslosigkeit vorher kam ich nicht mal auf eine Bewerbung in der Woche. Und die Bewerbungen an Leiharbeitsfirmen waren ein Teil, ja, aber ändern das Verhältnis kaum. Zumal das Praktikum, das ja die zweite Hälfte der Aviba-Maßnahme ausmacht, nie für eine Leiharbeitsfirma gemacht werden kann.
Natürlich hätte man an der Maßnahme Dinge verbessern können. Z.B. fand ich die EDV einfach veraltet und viel zu langsam. Aber folgende Dinge sind entscheidend, warum ich denke, dass AViBA sinnvoll ist:
- Die Dozenten kannten sich gut im Arbeitsmarkt aus
- Es wurden Leute noch während der Maßnahme vermittelt (bei weitem nicht nur in Zeitarbeit) und konnten vorzeitig aussteigen
- viele wurden am Ende ihres Praktikums übernommen
Ganz ehrlich bin ich mittlerweile der Meinung, dass dieses ewige Anti-Leiharbeit-Gedönse viel mehr schadet als es nutzt. Seriöse Zeitarbeitsfirmen sind ein super Sprungbrett in größere Firmen und bessere Jobs. Sie können wie kaum ein anderer zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vermitteln. Ich habe es selbst einmal innerhalb weniger Jahre von Hartz IV auf fast 50000€ Jahresgehalt geschafft. Aber dafür musste ich mich ein Weile als Leiharbeiter bewähren. Keiner schafft es von 0 auf 100 in 0,0 sec.
Lieber Achim, leider ist der oben beschriebene Bericht nicht erfunden.
Traurigerweise gibt es sicher gravierende Unterschiede zu anderen Regionen in Deutschland und es gibt sicher auch Unterschiede zwischen Zeitarbeitsfirmen und AViBA-Maßnahmeträgern. Bitte verrate uns, wie du es vom "Tellerwäscher zum Zehntausendär" geschafft hast!
Die Frage stellt sich fpür mich ganz anders. Wenn man sich darüber beschwert, dass man Stellen sucht, Bewerbungen schreibt und dazu "angetrieben" wird, Arbeit aufzunehmen, ja, will man denn eigentlichb arbeiten?= Denn dies ist die Voraussetzung dafür, dass man eine Leistung aus dem "Steuertopf" bekommt (SGB II).
"... ja, will man denn eigentlich arbeiten?" Diese Frage ist leicht zu beantworten, aber leider nicht das Problem. Natürlich will man das. Der allergrößte Wunsch der meisten ALG II-Betroffenen ist es, vom Jobcenter unabhängig zu werden. Viele Teilnehmer meiner obigen AViBA-Maßnahme haben zuvor bereits viele Jahre oder sogar Jahrzehnte hart gearbeitet und wurden leider betriebsbedingt oder aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Einige hatten sogar zeitgleich einen Job oder waren gesellschaftlich sehr aktiv. Nur verdienten sie mit ihrer Tätigkeit zu wenig oder nichts, um solchen Maßnahmen entgehen zu können. Am Bewerberverhalten lag es jedenfalls nicht, so dass sie sich weiter demütigen lassen mussten mit dem Geschwätz des "fleißigen Steuerzahlers". Andernfalls hätte ja diese Maßnahme mit einem 100%ig positivem Ergebnis enden müssen.